Warum ACAB nichts mit Beamtenbeleidigung zu tun hat!

Um einmal die dummen Einfälle von all denjenigen aufzugreifen, die glauben, ACAB sei ein orientalischer Name oder eben stets eine strafbare Beleidigung (Achtung: Ironie und Satire nicht ausgeschlossen!):

Ich liebe Polizeibeamte! Ich liebe auch Geld! Ohne Polizeibeamte wäre ich quasi arbeits- und mittellos. Von den wenigen Personen, die sich selbst anzeigen, könnte ich keine teuren Autos fahren – selbst, wenn diese nur geleast sind.

Dass viele Polizeibeamte die Rolle eines Strafverteidigers in unserem Rechtssystem nicht begreifen, mag sicherlich an dem grundlegenden Unverständnis unseres Rechtsstaatssystems liegen und an der womöglich fehlerhaften Ausbildung zum Polizeibeamten. Ich habe hierzu keine empirischen Untersuchungen durchgeführt. Jedoch frage ich mich, warum Polizeibeamte ganz überwiegend dieselben Ansichten vertreten und auch ganz überwiegend gleichsam bewusst dieselben Fehler machen. Für mich liegt es nahe, dass dies daran liegt, dass es von Polizisten zu Polizisten weitergegeben wird.

Polizisten lernen von Polizisten

Bestes Beispiel an dieser Stelle ist, die immer häufiger von mir beobachtete, bewusste Verletzung von Beschuldigtenrechten durch Polizisten im Zusammenhang mit dem Recht auf Verteidigerkonsultation. Nicht nur, dass Beschuldigte nicht dahingehend belehrt werden, dass es ihnen frei steht, jederzeit einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Vielmehr wird es mitunter sogar denjenigen explizit verboten, die ihre Rechte kennen und einen Verteidiger zu sprechen wünschen. Dieses Vorgehen hat zumindest bei der Aachener Polizei vermehrt an Bedeutung gewonnen. Daher stellt sich mir als Strafverteidiger zunehmend die Frage, wer sagt den Polizisten, dass sie Beschuldigtenrechte missachten sollen?! Fest steht, besondere Konsequenzen hat das Vorgehen der Polizisten nicht. Sie verstoßen zwar gegen verfassungsmäßig garantiertes Recht, aber Konsequenzen drohen keine. Kommt der Bürger hingegen einer Ladung zu Gericht nicht nach – auch die Zeugenpflicht ist die Pflicht eines jeden Staatsbürgers – dann wird es teuer. Hierbei spielt es dann auch keine Rolle, ob Sie der Ladung nicht nachkamen, weil Ihr Arbeitgeber Sie nicht von der Arbeit entbunden hat.

Auch Fehler lernt man

Wie dargestellt, gehe ich davon aus, dass Polizisten viele Handlungen antrainiert bekommen. Jedoch muss man eine entsprechende „Grundgesinnung“ bereits aufweisen, um sich mit Anweisungen einverstanden zu erklären, die offensichtlich gegen das Gesetz verstoßen. Der Beruf eines Polizisten ist daher – ebenso wie der eines Metzgers, Leichenbestatters oder Chirurgen – nichts für Jedermann. Einen Gewissen Hang zur Kriminalität und Gewalt erfordert es naturgemäß, wenn man Polizist sein möchte. Rein altruistische Ideale und der Wunsch, Menschen in Not zu helfen, beschreiben einen Polizisten gewiss nicht abschließend. Immerhin muss der Polizeibeamte in der Lage sein, die Staatsgewalt im äußersten Notfall mit Schusswaffengewalt durchzusetzen und Menschen zu töten. Auch hier erklärt das Gesetz den Polizisten, wann so ein Notfall vorliegt. Allerdings erklärt das Gesetz den Polizisten auch, wann es einem Beschuldigten zugestanden werden muss, einen Rechtsanwalt zu sprechen. Die Antwort des Gesetzes ist einfach und unmissverständlich: Jederzeit!

Die Befähigung zum Richteramt und Intelligenz schließen sich nicht aus, bedingen sich aber auch nicht …

Leider garantiert auch ein akademischer Abschluss oder die Befähigung zum Richteramt nicht automatisch zu einem intelligenten und weltoffenen Verständnis der Dinge. Insbesondere bedeutet ein Hochschulabschluss nicht zwingend, dass Intelligenz vorhanden ist. Sicher ist jedoch, dass die Befähigung zum Richteramt Kurzsichtig- und Engstirnigkeit nicht ausschließt. Daher glauben auch viele Richter und Staatsanwälte fest daran, ich hätte eine polizeifeindliche Gesinnung.

Solchen Schwachsinn räume ich hier mal in aller Kürze und mit aller zur Verfügung stehenden Polemik aus.

Das deutsche Rechtssystem – das Beste der Welt!

Auch dem unbegabtesten Beobachter unserer Arbeit als engagierte Strafverteidiger dürfte bewusst werden, dass wir das deutsche Rechtssystem für das beste Rechtssystem der Welt halten. Natürlich ist es alles andere als Perfekt. Aber was macht es dann zu dem besten Rechtssystem der Welt? Einer der wichtigsten Aspekte hierbei ist die Tatsache, dass sich unser Rechtssystem in ständiger Fortbildung befindet. Es herrscht eben kein Stillstand, sondern wird von dem Bestreben zur Perfektion immer weiterentwickelt. Fest steht natürlich, dass dort wo Menschen sind, sicherlich niemals Perfektion erreicht werden wird. Aber die ständige Rechtsfortbildung sorgt dafür, dass unser Rechtssystem das beste der Welt ist.

A.C.A.B ist berechtigte Systemkritik

Und an dieser Stelle bietet es sich an, den Unbegabten die Bedeutung von A.C.A.B als Systemkritik nahezubringen. Hierbei hilft die gelungene Interpretation für ACAB der irischen „Workers Solidarity Movement“. Die anarchistische Gruppierung beschreibt den Begriff als “All Cops Are Bounded”. Hiermit wird verdeutlicht, dass ein bestimmender Teil des Berufs „Polizist“, genau das Gegenteil von dem ist, was unser Rechtssystem so gut macht. Denn es ist Teil des Berufs, an die Institutionalisierung des Status Quos gebunden zu sein. Und in einer Welt, in der dieser nicht frei von Fehlern ist, sind es auch seine Institutionen keineswegs.

Polizei steht für Stillstand

Die „Polizei“ steht damit für Stillstand. Polizisten werden einen Menschen festnehmen bzw. der Strafverfolgung zuführen, wenn er sich der Homosexualität schuldig gemacht haben dürfte, sofern das Gesetz die Homosexualität unter Strafe stellt. Heutzutage würden sie ihm wahrscheinlich sogar das Recht auf Verteidigerkonsultation nehmen. Bezogen auf den ersten Teil ist festzustellen, so ist das System. An diesen Teil richtet sich auch die Systemkritik. Der zweite Teil, nämlich die Versagung von Beschuldigtenrechte, ist hingegen rechtswidrig. Hier muss nicht das System kritisiert werden, sondern die Individuen, die das geltende Recht missachten.

Polizisten sind keine besseren Menschen

Das alles beachtet selbstverständlich, dass es Momente gibt, in denen Polizisten Fantastisches leisten. Aber eben nicht nur. Zu glauben, Polizisten sind bessere Menschen, weil sie Polizisten sind, hat leider nichts mit der Realität zu tun. Polizisten so zu sehen wie sie sind, nämlich bedeutend, aber dennoch nur ein Mensch mit Fehlern, ist mein Bild von Polizisten. Ist mein Bild das richtige? Es wäre anmaßend von mir, das mit absoluter Gewissheit zu behaupten. Es ist allerdings meine Meinung und diese frei äußern zu dürfen ist eines unserer Grundrechte. Wenn man sich nun für seine Meinung vor dem Strafrichter rechtfertigen muss, dann scheint etwas gewaltig falsch zu laufen. Denn offensichtlich verstehen zu Viele nicht, wie wichtig die freie Meinungsäußerung für eine freie Demokratie ist und wo hierin die unbestreitbaren Vorteile liegen.

ACAB – Notwendige Polemik

Natürlich trägt das Akronym – sowie dieser Artikel – einiges an Polemik in sich. Aber gerade als Jurist weiß man, dass das, was in der pointiertesten Form daherkommt, das größte Diskussionspotential aufweist und damit auch am ehesten etwas verändern kann. Und hier schließt sich dann auch wieder der Kreis. Denn nur Veränderung verspricht Verbesserung.

Über Bijan Tamrzadeh

Rechtsanwalt Tamrzadeh ist Strafverteidiger aus Aachen. Darüber hinaus engagiert er sich als Vorstandsmitglied des Aachener Anwalt Vereins für dessen Mitglieder und die Bürger Aachens.

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